Oft steht die plastische Chirurgie, aber auch die kosmetische Chirurgie vor der Herausforderung, mehr oder weniger hässliche Narben infolge von Unfällen oder Operationen zu behandeln. Im Normalfall wird verletztes oder verlorengegangenes Gewebe vom Körper nämlich nicht nachgebildet, sondern durch Bindegewebe ersetzt. Die Folge sind meist unansehnliche Narben. Da wir wissen, dass es bei Lebewesen aber grundsätzlich möglich ist, Wunden narbenfrei zuwachsen zu lassen, liegt die Frage nahe, ob und wie dies auch beim Menschen der Fall sein kann.
So gibt es etwa Tiere, die das und noch viel mehr vermögen: Molche sind etwa in der Lage, verlorene Gliedmaßen und Schwänze komplett nachzubilden – ganz ohne Narben. Leider ist dies bei uns Menschen in der Form (noch?) nicht möglich. Offenbar müsste das Wundgewebe während der entscheidenden Phase der Wundheilung in einem quasi embryonalen Zustand erhalten werden, um eine komplette Gewebsregeneration ohne Narbenbildung zu erzielen.
Dabei stellt sich die Frage, welche Rolle Stammzellen bei der Wundheilung spielen und ob die Stammzelltherapie helfen könnte, das Entstehen unansehnlicher Narben zu verhindern.
Vorliegende Erkenntnisse geben Anlass zur Zuversicht: Mittels Stammzelltherapie kann man inzwischen bestehende Narben fast gänzlich zum Verschwinden bringen. Allerdings müssen die „alten“ Narben zunächst chirurgisch entfernt und anschließend erneut verschlossen werden. Werden in der Wundheilungsphase körpereigene Stammzellen an den „Ort des Geschehens“ injiziert, wird der Heilungsverlauf derart gefördert, dass eine optisch deutlich weniger sichtbare Narbe entsteht! Je nach Eingriff besteht auch die Möglichkeit, die Stammzellbehandlung direkt beim erstmaligen Verschließen der Wunde anzuwenden.
Welche Stammzellen verwendet man für derartige Behandlungen? Ausgerechnet im körpereigenen Fett sind besonders viele sogenannte mesenchymale Stammzellen enthalten. Kein Wunder also, dass Ärzte, die kosmetisch-chirurgisch arbeiten, als erste die körpereigenen Stammzellen als „Abfallprodukt“ der Fettabsaugung entdeckt haben. Die kosmetische Chirurgie, welche plastische Operationen wie Brustvergrößerungen und Facelifts beinhaltet, ist damit Vorreiter bei der Entwicklung von Stammzelltherapien. Abgesehen von kosmetischen Anwendungen können mithilfe der aus körpereigenem Fett gewonnenen Stammzellen auch gesundheitliche Probleme im engeren Sinn behoben werden.
Tatsächlich werden bereits weltweit in einigen Zentren durch körpereigene Stammzellen unschöne Narben beseitigt: Man saugt etwas Fett ab, isoliert die Stammzellen und injiziert sie nach entsprechender chirurgischer Wundrevision in den Bereich der Wunde. Der therapeutische Effekt: Anstelle einer breiten Narbe entsteht ein optisch deutlich besseres Ergebnis: Eine kaum sichtbare Narbe. Ob dieser Effekt den Stammzellen oder den von ihnen produzierten Zellhormonen (Zytokinen) zu verdanken ist, sei dahingestellt.
Auch wenn wir noch nicht soweit sind, Wunden vollständig narbenfrei verheilen zu lassen, sind wir doch schon recht weit gekommen und, wer weiß, in einigen Jahren können wir vielleicht sogar ganze Gliedmaßen nachwachsen lassen.
Was sagen Sie zu den revolutionären Möglichkeiten der Stammzelltherapie?
Ihr DDr. Heinrich