Die alte Hauptstadt des oströmischen Reiches Byzanz, später Konstantinopel, jetzt Istanbul, war schon immer einer der wichtigsten Umschlagplätze östlichen und westlichen Wissens in Europa. Die Hagia Sophia, die Kirche der Heiligen Weisheit, seit der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen eine Moschee, steht auch heute noch für diese alte Kulturtradition.
Kürzlich hatte ich Gelegenheit zu sehen, dass die alte Metropole am Bosporus auch heute noch ein führender Umschlagplatz von östlichem und westlichem Wissen ist: Experten aus Europa, Asien und den USA trafen sich in Istanbul zum Meinungsaustausch über körpereigene Stammzellen in der ästhetischen Medizin und Chirurgie bei der ersten ICAS-Fachkonferenz (International Cell Assisted Surgery).
Wie Sie als Leser/in meines Blogs wissen, entwickelt sich kaum ein medizinisches Fachgebiet so schnell wie die kosmetische Chirurgie. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass Experten aller ärztlichen Fachbereiche in der kosmetischen Chirurgie forschen und arbeiten.
Als ich 2004 auf das Potential der im Fettgewebe enthaltenen Stammzellen aufmerksam wurde, ahnte ich bereits, dass ästhetische Therapien mit körpereigenen Stammzellen die kosmetische Chirurgie revolutionieren und in vielen Fällen Skalpell, Vollnarkose und Silikon überflüssig machen würden. Kein Wunder, überzeugen die Ergebnisse ästhetischer Stammzelltherapien doch durch ihre vollkommene Natürlichkeit ohne Narben und implantierte Fremdkörper!
Anfang 2007 war es soweit und ich konnte als erster Arzt außerhalb Japans die Brustvergrößerung mit Stammzellen sowie eine Reihe weiterer ästhetischer Behandlungen mit stammzellangereichertem Eigenfett, darunter das Stammzell-Facelift, Patientinnen aus dem In- und Ausland anbieten. Seitdem erfüllten wir in Wien einer Vielzahl an Patientinnen aus aller Welt ihren Wunsch nach mehr Brust, optimierten Körperformen und einem jugendlicheren Gesicht.
Inzwischen machen auch andere medizinische Zentren erste Gehversuche mit ästhetischen Stammzelltherapien und berichteten in Istanbul über ihre Erfahrungen. Am Programm standen Vorträge hochkarätiger internationaler Forscher zu den neuesten Erkenntnissen über die im Fettgewebe enthaltenen Stammzellen (Adipose-Derived Stem Cells, ADSC) und deren Anwendung im Rahmen ästhetischen Therapien.
Ich nutzte die Gelegenheit der Konferenz, um mich mit international führenden Experten über das therapeutische Potential der Stammzellen aus dem Fett auszutauschen. So mit dem japanischen Forscher Prof. Dr. Yoshimura aus Tokio, mit dem ich bereits im September 2007 in Tokio zum Informationsaustausch zusammentraf. Prof. Yoshimura trägt übrigens seit der Katastrophe von Fukushima ständig ein Strahlungs-Dosimeter im Sakko.
Weiters hatte ich Gelegenheit, mit dem Urgestein Prof. Dr. Illouz aus Frankreich zu sprechen. Er war einer der ersten Ärzte, die in den Siebzigerjahren Fett absaugten und hat bereits 1987 Brüste erfolgreich mit Eigenfett vergrößert. Dr. Berman, der in den USA seit 2010 mit körpereigenen Stammzellen arbeitet, berichtete mir über seine Erfahrungen und künftige Anwendungsmöglichkeiten aus seiner Sicht.
Auf der Konferenz herrschte Einigkeit darüber, dass die Stammzellanreicherung die langfristige Haltbarkeit des bei Eigenfetttransfers implantierten Gewebes deutlich verbessert. Damit ist stammzellangereichertes Eigenfett ein sicheres und haltbares Bioimplantat, das sich ideal zur natürlichen, narbenfreien Brustvergrößerung und Körperformung in örtlicher Betäubung eignet. Die Durchführung der Basisfettabsaugung zur Fettgewinnung und der Injektion des stammzellangereicherten Eigenfetts in die Brust unter schonender Lokalanästhesie vereinfacht die Nachsorge und bietet der Patientin mehr Sicherheit als eine Vollnarkose!
Aus den körpereigenen Fettdepots gewonnene Stammzellen sind neben der Anwendung zur Brustvergrößerung mit Stammzellen Grundlage einer Reihe weiterer zukunftsweisender ästhetischer Behandlungen. So setzen wir stammzellangereichertes Eigenfett zur nachhaltigen Körperformung, etwa bei der Vergrößerung des Pos, sowie zur Korrektur von Gewebsdefekten und Dellen ein, die von Unfällen oder anderswo durchgeführten Fettabsaugungen stammen. Ihre regenerative Kraft entfalten die körpereigenen Stammzellen auch bei der Hautverjüngung und beim Stammzell-Facelift.
Laufende Weiterbildung auf Fachkongressen und in Kursen ist für kosmetische Chirurgen aller medizinischen Fachrichtungen unerlässlich, denn keine Fachausbildung kann Ärzte ausreichend auf die Behandlungsmethoden der Zukunft vorbereiten! Ich bin gespannt, welche Stadt nach Istanbul der nächste Gastgeber für den Wissensaustausch über körpereigene Stammzellen zwischen Asien, USA und Europa sein wird.
Ihr DDr. Heinrich